Das sprichwörtliche Klopfen auf die Schulter ist manchmal ein Schwergewicht auf dem Weg zum Ausdruck unserer wahren Identität und unseres persönlichen Potentiales. Vor allem, wenn wir jeden Tag mehr von diesen Lob-Gewichten aufzulegen versuchen, um diese dann stolz auf unserem Lebens-Trainingsplan abhaken zu können.

 

Im besten Fall hast du also wieder mal alles richtig gemacht. Der Chef ist mit deiner Arbeit mehr als zufrieden, die Eltern sind stolz auf deinen Werdegang und dein Partner gurrt zufrieden. Na und? Wünschen wir uns nicht alle wohlwollende Worte des Lobes für unser Tun? Eine nette, zusätzliche Belohnung am Ende eines langen, arbeitsintensiven Tages? Die Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben?

 

Nicht, wenn das Lob, die Belohnung und das sinnbildliche Dokumentieren der Glanzleistung zu deinem Ziel werden.

 

Die Suche nach Würdigung und Applaus im Außen kann uns lähmen, das auszudrücken, was wir wirklich sind, die aus uns selbst kommende Motivation und Kreativität am Boden halten. Wir sind wie „be-nommen“ und merken es kaum, denn es fühlt sich gut an, bestätigt zu werden bei dem, was wir tun.

 

Dabei finde ich persönlich folgende Frage interessant: Wem nützt in diesem Fall unser Handeln wirklich? Oft versteckt sich hinter einer zusätzlichen Belohnung und dem wohlgemeinten Kompliment eine oft nicht bedachte Aussage: Du hast etwas getan, was du selbst nicht wirklich wolltest, oder nicht auf diese Art wolltest, sondern was in Wirklichkeit der andere wollte. Was dem anderen dient.

 

Vielleicht denkst du auch bescheidener. Es kümmert dich nicht, ob man dich lobt und dir zustimmt, weil du beides nicht brauchst. Es könnte sein, dass du Widerspruch und Gegenwind zu vermeiden versuchst, welche wir meistens mit Ärger und belastenden Konflikten verwechseln. In dem Fall sind wir also nicht auf Lob aus, sondern auf das Ausbleiben einer Bestrafung. Wir wollen in Ruhe gelassen werden. Das ist die andere Seite der Medaille im gefühlten olympischen Wettkampf des Lebens.

 

Die Themen Lob und Belohnung funktionieren schon ewig, um uns zu bewegen, etwas im Sinne anderer Menschen zu tun. Die meisten von uns sind so durch Schule, Elternhaus und Arbeitsplatzverhältnisse konditioniert worden, jedoch bezahlen wir dafür oft einen hohen Preis – unserer Individualität.

 

Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Energie für unser Handeln von Außen kommt. Gelernt, Lob und Zuspruch oder das Ausbleiben einer Bestrafung mit der Sinnhaftigkeit dessen, was wir eigentlich tun, zu verwechseln. Wir bekommen dadurch eine Idee von Glück und Erfolg verkauft, aber in Wirklichkeit ist es die Auffassung von Glück der anderen. Im Grunde wollen wir von anderen den Wert unserer Person bestätigt bekommen und nehmen dabei den Umweg über den Wert dessen, was wir tun. Dahinter verbirgt sich unser Wunsch, gesehen zu werden, dazu zu gehören. Es geht um Aufmerksamkeit, Zuwendung, gemeinsam verbrachte Zeit, Teil des Lebens zu sein. Alles zutiefst menschliche Wünsche.

Auf Arbeit halten wir uns dann an die Vorgaben von oben, unsere neuen Ideen, die von der bisherigen Arbeitsweise abweichen, verschwinden klammheimlich in der Schublade. Wir verlieren unseren eigenen schöpferischen Prozess immer mehr aus den Augen, denn es geht um das Endziel Lob und Wertschätzung und nicht mehr um den Spaß an der Sache, Spaß am Leben oder unsere Vision, durch unsere Tätigkeit etwas Neues in Gang zu setzen. Wir drücken unseren Wert als Mensch, den Wert unseres Seins aus der Tiefe unserer Seele nicht aus, sondern wir suchen den Wert im Außen.

 

Es hat auch zur Folge, dass wir, wenn das Lob ausbleibt oder gar kritische Fragen laut werden, unsere Energie erlahmt und von uns immer weniger kommt. Seit Jahren daran gewöhnt, Erfüllungsgehilfen der tatsächlichen oder vermeintlichen Ansprüche anderer Menschen zu sein, versiegt die Quelle unserer Antriebskraft. Die einstigen Außenreize haben dafür gesorgt, dass unser kreatives Schaffen, der Prozess unseres Wirkens entwertet, auf dem Weg zum Siegertreppchen sogar als lästig empfunden wurde. Wir wurden müde. Und machten weiter. Und wir wurden wütend. Und machten weiter. Am Ende machten wir möglicherweise – gar nichts mehr.

 

Vielleicht kennst du auch Folgendes? Du bist supergut darin, die Vorgaben anderer zu erfüllen, dich für andere ins Zeug zu legen. Auf dich allein gestellt, hast du möglicherweise viele tolle Projekte in deinem Kopf, aber wenn es darum geht, diese umzusetzen, wirst du total unstrukturiert und kriegst nichts auf die Reihe. Du fängst an und verzettelst dich, bringst nichts zu Ende. Unser Tun und die Freude daran sind ruiniert. Fehlt der gewohnte Anreiz von Außen, fehlt uns die nötige Motivation und Energie.

 

Es geht um den Grad unseres Begehrens und unserer Abhängigkeit davon und was uns wirklich motiviert. Ohne Belohnung braucht es unseren eigenen Antrieb, Energie von innen, die wir aufbringen, im besten Fall aus Spaß an der Sache, aus Überzeugung, dass das, was wir tun, wichtig ist, dass es andere Menschen weiter bringt, ihnen das Leben erleichtert und dieses mit mehr Freude oder Schönheit erfüllt.

 

Da sind wir doch aber an der Stelle, dass das, was wir tun, anderen dient. Hatten wir das nicht schon weiter oben? Ja. Doch da ging es um die Erfüllung der Erwartungen anderer Menschen. Hier geht es um den Anspruch an dich selbst, deinen Beitrag, etwas Neues in die Welt zu bringen, auch wenn er erst einmal nicht danach gefragt wird, sondern weil du es nicht nur sehr gut kannst, sondern es als richtig und wichtig empfindest, weil es das Leben vieler Menschen bereichern würde. Und heißt das jetzt, man darf sich nicht mehr über Zuspruch freuen?

 

Ganz sicher nicht. Ehrlich gemeinter Dank, die Identifikation mit dem, was du tust, das Gefallen daran, die Resonanz, die du in anderen erzeugst, die Inspiration, welche du auslöst, der Wunsch nach Zusammenarbeit mir dir sind alles Dinge, über die du dich natürlich freuen kannst, denn all das erzeugt eine Verbindung zu den anderen Menschen, die teilhaben an deinem Prozess und du an ihrem. Es geht um die Antriebsquelle unseres Schaffens und ob wir damit vor allem jemanden gefallen möchten, um akzeptiert und geliebt zu werden – um jeden Preis.

 

Je mehr wir etwas tun, nur um zu anderen dazu zu gehören, um so weniger gehören wir uns selbst. Um so mehr gehört das, was wir tun, nicht zu uns. Als wären wir im Leerlauf unterwegs, ohne zu wissen, wohin wir wollen, aber Hauptsache, wir kommen an.

 

Liebst du, was du tust? Woraus schließt DU das?

© Peggy Vogt 2024